Die heilkünstlerische Sprachgestaltung ist eine gegenwärtige Frucht der Anthroposophie von Rudolf Steiner und Marie Steiner-von Sivers. In dieser Sprachgestaltung lässt sich ursprüngliche wie zukünftige Anthroposophie erkennen, erleben und erzeugen.
„Die Sprachgestaltung hilft dem Menschen, die große Angst vor sich selbst allmählich zu überwinden“
Christa Slezak-Schindler
Es geht nicht um Zuschauersein im überkommenen Sinne – mit dem Niedergang der Bühnen-Sprachgestaltung am Goetheanum in Dornach haben selbst die Mysteriendramen Rudolf Steiners ihren anthroposophisch-esoterischen Boden verloren –, auch nicht um Therapeutische Sprachgestaltung im Rahmen der Medizinischen Sektion der »Freien Hochschule für Geisteswissenschaft« am Goetheanum, sondern um die allmähliche Ausbildung des inneren Sprachgestalters in jedem geistig-künstlerisch aufgeschlossenen Menschen.
„Die heilkünstlerische Sprachgestaltung hilft dem Menschen, die große Angst vor sich selbst allmählich zu überwinden“, sagt Christa Slezak-Schindler, deren Hauptanliegen seit über 40 Jahren die sprachkünstlerische Therapie ist. Gemeinsam mit Otto Sponsel-Slezak führt sie das Haus der Sprache in Bad Liebenzell. Wir durften der heute über 90-jährigen Frau – einer Koryphäe dieser seltenen heilkünstlerischen Disziplin – mit der Kamera über die Schulter schauen und dem Klang ihrer Sprachschöpfungen lauschen. Es ist ein einzigartiges Lebenskunstwerk, das sich in diesem Film zeigt und dem Zuschauer einen Einblick in die Welt des gesprochenen Wortes eröffnet.
Sebastian Heinzel
Es geht um die Sprachgestaltung als universale und zentrale Heil- und Schöpferkraft, um die Lebensgrundlage einer Anthroposophie, die, in einer vollständig anderen Weise als der herrschenden, gleichermaßen Geisteswissenschaft als auch Kunst sein will.
Die heilkünstlerische Sprachgestaltung als Heilkunst, aber auch als Lebenskern aller Künste, deren Sozial-Impuls die menschlich-über-menschliche Ichheit nicht überspringt, sondern notwendigerweise als Arbeitsfeld voraussetzt, hat sich aus der Sprachgestaltung als einer sprachkünstlerischen Therapie, einer geisteswissenschaftlich begründeten Sprachtherapie, herausentwickelt, die, ebenso wie die kunstgemäße Sprach- bzw. Sprecherziehung an Waldorfschulen – im Grunde genommen von Anfang an erweitert auf die allgemein-menschliche Entwicklung, das heißt jeden Menschen als geistiges Wesen ansprechend –, seit über vier Jahrzehnten künstlerisches Hauptanliegen von Christa Slezak-Schindler ist. In diesem Sinne ist Anthroposophie Sprachgestaltung und Sprachgestaltung Anthroposophie. Alle Anthroposophie ist laut Rudolf Steiner »die Suche nach dem verloren gegangenen Wort«. Heute heißt Sprachgestaltung, so, wie sie hier verstanden wird, die Suche nach der verloren gegangenen Anthroposophie. Dies wiederum heißt Aufbruch und Fortschritt, aber auch Überwindung von »gesellschaftlichen« Zwängen und bedeutet ein Mündigwerden des Menschen im wahrsten Sinne des Wortes. Das Gespräch mit der Sprache kann sich allein in künstlerischer Freiheit vollziehen. Diese aber muss vorurteilsfrei errungen, von einzelnen Menschenseelen gefunden, verinnerlicht, gepflegt und immer wieder erneuert und verteidigt werden.
Otto Ph. Sponsel-Slezak