Nach der Herausgabe der Bände über das malerische und plastische Werk Rudolf Steiners erscheint nun der erste von zwei Bänden, die dem architektonischen Werk gewidmet sind. Er dokumentiert die Baugeschichte des Ersten und des Zweiten Goetheanums auf dem Dornacher Hügel sowie deren Vorläufer.
Den ersten Impuls für einen solchen Bau gab die Innenraumgestaltung anlässlich des Kongresses der Theosophischen Gesellschaft 1907 in München. Später entstand in Malsch bei Karlsruhe ein nach Angaben Rudolf Steiners ausgeführtes, begehbares Modell. Es wurde Vorlage für einen anthroposophischen Versammlungsraum in Stuttgart. Der in diesen Bauten zum Ausdruck kommende architektonische Impuls erreichte dann in Dornach mit der Errichtung des Ersten Goetheanums, das durch Brandstiftung in der Silvesternacht 1922/23 zerstört wurde, und dem Wiederaufbau als Zweites Goetheanums seine Blüte und eine soziale Wirkung weit über den anthroposophischen Kreis hinaus.
Der Band bietet eine ausführliche Dokumentation aller dieser Phasen mit zahlreichen Abbildungen, Skizzen, Modellen, Plänen und Zitaten Rudolf Steiners zu den Grundlagen seiner architektonischen Arbeiten.
Rudolf Steiner wurde am 27. Februar 1861 in Kraljevec (Königreich Ungarn, heute Kroatien), geboren. Er studierte an der Technischen Hochschule Wien und promovierte an der Universität Rostock mit einer erkenntnistheoretischen Arbeit, die mit dem Satz endet: «Das wichtigste Problem alles menschlichen Denkens ist das: den Menschen als auf sich selbst gegründete, freie Persönlichkeit zu begreifen.» Diese Überzeugung leitete ihn auch in seiner Tätigkeit als Goethe-Herausgeber in Weimar, als Schriftsteller, als Redakteur und Vortragsredner in Berlin, später in Dornach und an vielen anderen Orten Europas. Seine durch Bewusstseinsforschung erweiterte Sichtweise, die er «Anthroposophie» (Weisheit vom Menschen) nannte, ermöglichte es ihm, auf zahlreichen Lebensgebieten praktische und tiefreichende Impulse zu geben, stets mit dem Ziel einer spirituellen Erneuerung der Zivilisation. Nach der Trennung von der Theosophischen Gesellschaft, deren Deutscher Sektion er zunächst als Generalsekretär vorstand, wirkte bei der Gründung der Anthroposophischen Gesellschaft mit. Im Goetheanum in Dornach bei Basel bekam die Gesellschaft ihr Zentrum «Freie Hochschule für Geisteswissenschaft». Als der Doppelkuppelbau aus Holz durch Brandstiftung zerstört wurde, stellte sich Rudolf Steiner an die Spitze der neu begründeten Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft. Rudolf Steiner starb am 30. März 1925. Sein Werk umfasst neben zahlreichen geschriebenen Büchern Nachschriften von rund 6000 Vorträgen und ist in der «Rudolf Steiner Gesamtausgabe» zum großen Teil ediert.
Roland Halfen (Herausgeber), geboren 1958, Prof. Dr. phil. Studium der Philosophie, Kunstgeschichte und Archäologie in Freiburg (Br.) und München. Magisterarbeit über Immanuel Hermann Fichte, interdisziplinäre Promotion über das Westportal der Kathedrale von Chartres.
1994-96 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für das Studium Fundamentale der privaten Universität Witten/Herdecke.
2000-2002 Dozent für Kunstgeschichte und Leiter des Fachbereichs Studium generale an der Europa-Akademie Isny (Allg.).
Daneben seit 1991 Tätigkeiten als Dozent und Seminarleiter an verschiedenen Einrichtungen im deutschsprachigen Raum, u. a. seit 2010 an der Freien Hochschule Stuttgart.
Seit 2002 Mitarbeiter des Rudolf Steiner Archivs als Herausgeber des künstlerischen Werkes Rudolf Steiners.
Roland Halfen verstarb völlig überraschend am 23. September 2023 im Alter von 65 Jahren.