Piet Mondrian – ein Maler, der Abstraktion als innere Bewegungslogik der Gestaltelemente verstand und zugänglich machte: Das Serielle in seinem Schaffen lässt den Betrachter diesen Weg Schritt für Schritt mit vollziehen. Michael Bockemühl zeigt in seiner hier verschriftlichten Vorlesung zu Piet Mondrian, dass Reduktion ein essenzieller Bestandteil unserer Wahrnehmung ist, der uns die Augen für universale ästhetische Gestaltungsprinzipien öffnen kann. Denn gerade die Abstraktion ermöglicht die Abkehr von der „Vorgewusstheit der Dinge“, von einer kategorisierenden Wahrnehmung, die das Gesehene unentwegt auf den Begriff zu bringen versucht.
Mondrian formuliert das Darstellbare als Beziehungsspiel von Farbe und Form und bindet mithin das Unsichtbare in den Raum der Vorstellung ein: Bild für Bild wird der Gegenstand immer weniger von einer vorgegebenen Vorstellung, vom Begriff, organisiert – mehr und mehr dient die Bildfläche der Erfassung eines Beziehungsgefüges, das weit über das Bild hinauswirkt, oder umgekehrt: Das abstrakte Bild offenbart ein anschauliches Konstrukt des universalen Gestaltungsgefüges, das allein die Welt sichtbar und begreifbar machen kann. Abstraktion – für Mondrian ein geradezu spiritueller Weg der Vermittlung von Individuellem und Universalen, den er in dem Begriff des „Neoplastizimus“ auch theoretisch formulierte.
Michael Bockemühl war Kunstwissenschaftler, Hochschullehrer, Vortragsredner und Berater großer Unternehmen. In jüngeren Jahren war er als Waldorf- und Sonderschullehrer tätig, später bei der GLS Bank in Bochum. Ab 1985 arbeitete der vierfache Familienvater eine Zeit lang als Kulturmanager für die Anthroposophischen Gesellschaft, bevor er 1990 an die Universität Witten/Herdecke berufen wurde.
Diese auf 20 Bände ausgelegte Edition geht auf eine viel beachtete öffentliche Vorlesungsreihe zurück, die Professor Michael Bockemühl Anfang der 1990er Jahren im Saalbau Witten hielt. In seinen Diavorträgen nimmt der Redner gemäß seinem Credo: „Der Künstler ermöglicht, was der Anschauende verwirklicht“ sein Publikum gleichsam bei der Hand und führt es zu den einzelnen Kunstwerken hin. Dabei werden weder Spekulationen über ihre möglichen Bedeutungen angestellt, noch abstrakte Theorien über das Sehen geschmiedet, vielmehr feiert der Autor ein „Fest für das Auge“: Mit Witz und methodischer Konsequenz versteht es der passionierte Wahrnehmungsforscher die Aufmerksamkeit auf die durch nichts anderes als durch das Kunstwerk eröffneten Anschauungsmöglichkeiten zu lenken.
Die Bände werden herausgegeben von Dr. phil. David Hornemann v. Laer (Fakultät für Kulturreflexion / Studium fundamentale) in Zusammenarbeit mit Birgit Bockemühl sowie Studierenden an der Universität Witten/Herdecke.
Die Reihe “Kunst sehen” kann zu einem vergünstigten Preis pro Band (€ 14,80) im Abonnement bezogen werden. Das Abonnement können Sie auf unserer LandingPage KUNST SEHEN bestellen.