Der heute vorherrschende Konsens über unser Klima lässt wenig Raum für andere ökologische Anliegen. Doch es reicht nicht, lediglich neue Formen der Energiegewinnung oder des Konsums einzuführen, um eine »nachhaltige Entwicklung« zu ermöglichen. Vielmehr bedarf es eines radikalen Umdenkens, eines ganzheitlichen Fühlens und Handelns, das die Verbundenheit aller Menschen, aber auch die Verbundenheit von Mensch und Natur ins Zentrum stellt, um einen positiven Wandel anzustoßen.
In seinem Buch Klima plädiert Charles Eisenstein dafür, dass wir uns wieder dem Wasser, dem Boden, den Wäldern, der regenerativen Landwirtschaft und dem Naturschutz zuwenden, denn vieles, was Treibhausgasen und globaler Erwärmung zugeschrieben wird, ist in Wahrheit unserem separatistischen Weltbild geschuldet, das zur Krise unseres Planeten geführt hat. Wir alle müssen lernen, Verantwortung für unser Tun zu übernehmen; denn nur so können wir eine Heilung unserer klimatischen und sozialen Systeme erreichen.
“Obwohl das Buch einmal mehr deutlich macht, wie schlimm es um unseren Planeten steht, regt es auf wohltuende Weise an, uns und unsere vergessene Fähigkeit neu zu entdecken, für das Lebendige Sorge zu tragen.” – prozukunft
Charles Eisenstein, Jahrgang 1967, graduierte an der renommierten Yale University in Philosophie und Mathematik. Er arbeitete und lebte zehn Jahre als Übersetzer vom Chinesischen ins Englische in Taiwan. Als Autodidakt, Redner und Schriftsteller befasst er sich mit den Themen Zivilisation, Bewusstsein, Gesundheit, Naturwissenschaft, Wirtschaft und Kulturentwicklung. Seine beliebten Kurzfilme und Online-Essays haben ihm den Ruf eines genreübergreifenden Sozialphilosophen und gegenkulturellen Intellektuellen eingetragen. Heute gilt er als maßgeblicher Vordenker für eine ökologische, vom Schenken inspirierte Lebensweise.
Interview mit Charles Eisenstein:
Warum haben Sie ein Buch über Klimawandel geschrieben?
Ich war mein ganzes Leben Umweltschützer und sehe, wie das Thema Klimawandel momentan die Umweltbewegung dominiert. Erst schien er ihr einen großen Auftrieb zu verleihen. Wir dachten, jetzt werden sie die Dinge tun müssen, die wir schon immer gefordert haben. Aber unterm Strich geht die Sache, fürchte ich, nach hinten los. Das Thema Klima gräbt anderen Umweltthemen das Wasser ab, und pikanterweise stellt sich heraus, dass diese viel wichtiger sind als ursprünglich angenommen, selbst aus der Klima-Perspektive.
Wer sollte das Buch lesen und warum?
Hauptsächlich ist dieses Buch für Umweltbewegte geschrieben, für Menschen, die die Erde lieben und die sich nach einer anderen Beziehung zwischen Mensch und Natur sehnen – oder besser zwischen Zivilisation und Natur. Es zeigt auf, wie der Klimawandel ein Symptom unserer gesamten Gesellschaft ist und nicht auf beispielsweise Treibhausgase reduziert werden kann. Daher trägt jede Form von Heilung auf jeder Ebene – im eigenen Inneren, in Beziehungen, in der Gesellschaft oder in Ökosystemen – zur Heilung des ganzen Planeten einschließlich des Klimas bei.
Gibt es noch Hoffnung für unseren Planeten?
Ja. Wenn wir als Gesellschaft unsere Aufmerksamkeit, Energie und Kreativität auf die Heilung konzentrieren, wenn wir uns wieder der Gemeinschaft allen Lebens auf Erden anschließen und fragen, wie wir der Gesundheit und Entwicklung des Ganzen dienen können, dann werden wir Wunder der Genesung erleben. Schauen Sie, was in der regenerativen Landwirtschaft möglich ist! Aber das kann nur passieren, wenn wir mit der Erde und all ihren Orten umgehen, als wären sie geliebte, teure Wesen und nicht ein Haufen Chemikalien oder Zellen oder Ressourcen, die nur zu unserem Nutzen existieren.
Hat das Buch Ihr eigenes Leben verändert?
Es hat mich mit meiner Angst konfrontiert, von Menschen, die ich als Freunde und Verbündete sehe, abgelehnt zu werden. Die Diskussion über den Klimawandel und viele andere Probleme hat sich zunehmend polarisiert. Wenn sich jemand mit einer ungewöhnlichen Sichtweise zu Wort meldet, fragen die Leute gleich, auf welcher Seite er steht. Was ich sage, lässt sich jedoch auf dem Meinungsspektrum zum Klimawandel nicht einordnen. Kein Lager – weder die Alarmisten noch die Skeptiker – sieht mich als einen von ihnen. In diesem Zusammenhang hat mir dieses Buch auch gezeigt, dass unser größtes Problem heute eigentlich diese Polarisierung im Denken ist, diese Kriegsmentalität. Solange die Menschheit so gespalten bleibt, werden wir nie die Einigkeit erreichen, die notwendig ist, um wirklich eine andere Beziehung zur Erde aufzubauen. Immer mehr denke ich, der erste Schritt ist Frieden.